MOIN MOIN 

TOUT LE MONDE,

Sich im TORTUE zu bewegen, gedankenlos durch die Räume zu flanieren oder sich genussvoll durch die Restaurants zu speisen ist wahrlich keine Herausforderung, der es großer Festlegungen bedarf. Doch, wie in jedem prunkvollen Gebäude, in dem Flaneure und Flaneusen stets ein- und ausgehen, herrscht auch im TORTUE eine bedeutende Hausordnung, an die es sich dringend zu halten gilt!

Nun fragt ihr Euch, was können das schon für Regeln sein? Bien… Lasst sie mich Euch vorstellen:

HAUSREGEL N°1: 

Erst das Vergnügen. Dann le plaisir.

Savoir-vivre will gelernt sein! Erleben Sie, par exemple, Ihren Kaffee nicht im Gehen, non, auch nicht im Müßiggehen, sondern komfortabel und anmutig im zeitintensiven Sitzen. Vernachlässigen Sie Ihre Pflichten. Erliegen Sie jeder Versuchung. Ergeben Sie sich dem Verführerischen in Momenten und Menschen. Geben Sie sich hin, nur das hat Sinn.

HAUSREGEL N°2: 

Freundliche Blicke sind zu erwidern. 

Seien Sie nett, s’il vous plait, denn das Leben ist schön! Halten Sie Madame und Monsieur die Tür auf. Helfen Sie einer Mademoiselle in den Mantel hinein oder aus dem kleinen Schwarzen heraus, es kommt immer darauf an…Machen Sie Ihrem Vis-à-vis ein Kompliment und Ihrem nächsten eine Freude. Laden Sie eine Unbekannte zum Spaziergang ein, tragen Sie Madame oder Mops auf Händen und lächeln Sie retour - Bonjour!

HAUSREGEL N°3: 

Verweilen Sie.

Ist das Dasein nicht ein Fest? Und erst das Hiersein! Was für ein Erlebnis es doch ist, im Hier und Jetzt einfach mal ganz schlicht dazusitzen oder - besser noch - sehr dekorativ - ausführlich das Ambiente degustieren. Den Blick schweifen, wandern, ruhen lassen. Von einer Fassade zum Pflaster, zum Himmel, zum Fleet. Vom Möbel zum Gemälde, zur Speise, durchs Fenster, zu anderen Gästen und vom großen Ganzen ganz verliebt zum kleinsten Detail.

HAUSREGEL N°4: 

Respektieren Sie die L’heure Du Coqtail.

Bitte bedenken Sie: Irgendwo auf dieser Welt ist immer Sonnenuntergang - und um auf das Leben anzustoßen, kann es nie zu früh sein, möglicherweise jedoch irgendwann zu spät! Exactement das gilt es unter allen Umständen  zu vermeiden. Gern gut gekleidet und mit einer ausreichenden Zahl Flausen und Fisimatenten im Kopf. À votre santé!

HAUSREGEL N°5: 

Mehr ist mehr!

Zu viel des Guten gibt es nicht. Genießen Sie mit allen Sinnen. Baden Sie in Duft, Geschmack und Klang, schmausen Sie mit den Augen, kitzeln Sie den Gaumen mit noch einer amouse-bouche. 

Wie schön, wenn man immer etwas zu beichten hat, aber niemals etwas zu bereuen. 

HAUSREGEL N°6: 

Erlauben Sie sich was.

Tragen Sie zum Beispiel einen aparten Bart. Besonders als Madame. Bestellen Sie vin rouge zum Fisch. Beginnen Sie eine conversacion. Stellen Sie sich selbst und anderen freche Fragen. Liegen Sie diagonal im Bett. Schwingen Sie Ihre Hüften. Singen Sie mit. Tragen Sie freiwillig Krawatte. Wälzen Sie sich vorwärts, rückwärts und seitwärts durchs Menü. Lassen Sie das Licht an. Machen Sie es aus. Schenken Sie sich eine Kleinigkeit. Finden Sie die verlorene Zeit.

HAUSREGEL N°7: 

Nicht so schnell, Mademoiselle.

Die Zeit der Flaneure ist gekommen! Und die der Flaneusen! Gewöhnen Sie der Zeit das Rasen ab, gehen Sie mit ihr spazieren! Lassen Sie den schnellsten Weg vergnügt links liegen und nehmen Sie toujours den schönsten. Zeigen Sie der Welt Ihre Beine und Ihren Beinen die Welt.

HAUSREGEL N°8: 

Loben Sie den Tag schon vor dem Abend.

Sich das Beste für den Schluss aufzuheben ist nur dann eine beglückende Strategie, wenn dessen Zeitpunkt gewiss ist. 

Giselle, die grande dame des Savoir-vivre rät zu einer genussvollen Philosophie: Sie lautet “maintenant ou jamais”. Das heißt: Jetzt oder nie! In diesem Sinne: Moin Moin, Madame, und bitte trinken Sie auch mittwochs aus dem Sonntagstässchen.

HAUSREGEL N°9: 

Machen Sie sich schön.

Man ist so schön, wie man sich macht! Pumps statt Puschen. Jupe statt Jeans. Und keine Manschetten vor Revers! Mal entre nous Feingeistern: Ist es nicht ein Gebot der Ethik der Ästhetik, einander einen erfreulichen Anblick zu bieten? 

Merke: Kein Tag ist für ein Etuikleid zu alltäglich und wo der Rocksaum endet, fängt das amusement an.

HAUSREGEL N°10: 

Immer schön großzügig sein.

Zahlt es sich aus, beim Trinkgeld zu knausern? Pas du tout! Rechnet es sich, einer Dame einen kleinen Blumenstrauß zu schenken, wenn es auch ein großer sein kann? Et voilà! Werfen Sie mit Liebe, mit Zeit und Zärtlichkeit, mit Karat und dessous, mit petit fours und Trüffeln nur so um sich! Legere Spendierhosen sorgen dabei für Bewegungsfreiheit und die im TORTUE besonders am Herrn ach so gern gesehene nonchalante Eleganz.

HAUSREGEL N°11:

Eine Sache gleichzeitig tun.

Die Direktion bittet Gäste, davon abzusehen, effizient zu sein und vite, vite Tausend Dinge gleichzeitig zu tun. Erlaubt ist jedoch, gleichzeitig geistreich, charmant und schön zu sein. Es darf zeitgleich getrunken, gespeist und geplaudert, geküsst, geflirtet und gelacht werden. De plus darf man ein bis sieben Damen/Herren gleichzeitig lieben.

Et voilà! Nun wisst ihr um die Regeln, die es bei Eurem nächsten Besuch  im TORTUE zu befolgen gilt. 

Wer dies nicht tut, wird gewiss nicht bestraft - versprochen! 

Doch so muss ich Euch warnen: Wer die Hausregeln bricht, versperrt sich selbst jeder Menge plaisir.

Texte und Bilder inspiriert vom TORTUE Buch - Das große Buch über die Lust zu Leben und ein Hotel, das keines ist

Autorin: Judith Stoletzky

Fotografin: Esther Haase